Beschreibung
Vor 225 Jahren wurde Shelley geboren, er ist zweifelsohne der umfassendste Dichter der englischen Romantik. Vor allem ist er jedoch der romantische Dichter mit dem umfassendsten und unbedingten Anspruch an seine dichterische Mission. Er dichtet nicht nur den prophetisch-utopischen Traum nach vorn, sondern auch den nach außen an die Grenzen der Erkenntnis und des Universums – irgendwo zwischen Utopie und Transzendenz – und nach innen in das innerste Kraftfeld seiner kreativen Erkenntnis und deren Umsetzung in Dichtung.
Shelleys poetische Sprache ist von einer flirrenden, synästhetischen Bildhaftigkeit, die an die Luft- und Meerbilder des späten Turner denken lässt.
Shelley war und ist immer noch ein höchst moderner Dichter, der zu Themen wie Inspiration und Kreativität vieles an Erkenntnissen vorweggenommen hat und der zu aktuellen Fragen wie Freiheit und soziale wie wirtschaftliche Gerechtigkeit viele Forderungen antizipiert hat. Mit seiner kämpferischen Rhetorik würde er heute mit Attac, Amnestie International, Occupy Now etc. an der Spitze der aktionistischen Front gegen globales Finanzkapital, Neokolonialismus und Umweltzerstörung stehen.
Leseprobe
Du, der du wecktest aus dem Sommertraum
Das blaue Mittelmeer, da es dort ruht,
Wiegt sich in seinem strom-kristallnen Schaum
An Bimsteininseln tief in Baias Bucht
Und sah im Schlaf Paläste und Ruinen,
Bebend im scharf gebrochenen Licht der Flut,
Bewachsen mit azurnem Moos und Blumen,
So süß den schwindenden Sinnen! Du, oh
Vor des’ Bahn Atlantiks mächt’ge Ebnen
Zerklüften sich zu Wellentälern, wo
Meeresblumen und Wälder feucht und schwer,
Saftloses Laub des Ozeans, Dich so
Vernehmen, dass sie grau vor Furcht und leer
Erschaudern und sich selbst entblättern: Hör!
Dreizeiler:
Mir ist’s gegeben
die Wunder dieser Menschenwelt zu wahren,
Raum, Zeit, Materie und Geist.